NIGEL KENNEDY PLAYS GERSHWIN
Nigel Kennedy "The Magician of Lublin", George Gershwin - a selection of songs
Dem dreißigjährigen Jubiläum gebührend, begrüßen die Jazz Lights einen der absoluten Super-Stars aus der klassischen und modernen Musikszene. Als bekennender Grenzgänger zwischen Klassik und Moderne kommt Stargeiger Nigel Kennedy gemeinsam mit seiner Band nach Oberkochen, um mit seiner einzigartigen Virtuosität das musikalische Werk George Gershwins zu interpretieren aber auch eigene bekannte Kompositionen, wie beispielsweise „The Magician of Lublin“, zu präsentieren.
Gemeinsam mit seinen musikalischen Mitstreitern Rolf Bussalb (Gitarre), Beata Kalinowska-Urbanek (Cello), Piotr Kulakowski (Bass) und Orphy Robinson (Percussion) präsentiert der aus England
stammende Kennedy, der sich in seiner ihm eigenen Bescheidenheit als „Musiker“ bezeichnet, Stücke aus seinem aktuellen Album „Kennedy meets Gershwin“. Darüber hinaus können die Freunde der Jazz-
und Klassik-Szene mit Sicherheit auf die ein oder andere Eigenkomposition, wie beispielsweise „The Magician of Lublin“, gespannt sein.
Seit 25 Jahren zählt Nigel Kennedy zu den bekanntesten Violinisten der Welt. Mit seiner unvergleichlichen Technik, seinem Talent und der spürbaren Anziehungskraft rüttelte er die Klassikszene
ordentlich durcheinander und begeistert seitdem auch die Massen. Aktuell ist Kennedy der erfolgreichste klassische Violinist, gemessen an den Verkaufszahlen seiner Alben und Konzerte. So erzielte
er beispielsweise mit der Aufnahme von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ und rund drei Millionen verkauften Tonträgern, einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde als „bestverkauftes klassisches Werk
aller Zeiten“. Kennedy stammt aus England und lebt abwechselnd in London oder Krakau (Polen).
Eindringliche Erzählkunst
Nigel Kennedys eigene Komposition „The Magician of Lublin“ ist inspiriert vom gleichnamigen Roman des 1904 im polnischen Radzymin geborenen Isaac Bashevis Singer – der bislang einzige jiddische
Schriftsteller, der für sein Gesamtwerk mit dem Nobelpreis für Literatur (1978) ausgezeichnet wurde. Er erhielt ihn „für seine eindringliche Erzählkunst, die mit ihren Wurzeln in einer
polnisch-jüdischen Kulturtradition universale Bedingungen des Menschen lebendig werden lässt“. Literatur im Spannungsfeld zwischen Religion und Moderne also, zwischen Mystizismus und rationaler
Einsicht, deren stilistische Vielfalt einzigartig ist. Im Zentrum der Geschichte steht Yasha Mazur: Akrobat, Zauber- und Liebeskünstler im Polen des späten 19. Jahrhunderts. Er zieht von Ort zu
Ort und von Abenteuer zu Abenteuer, um dem Publikum seine magischen und artistischen Talente zu präsentieren. Bei Gelegenheit bricht er Frauenherzen und ständig ist er darum bemüht, dem jüdischen
Glauben seiner Väter zu entfliehen: Denn Yasha Mazur will nach seinem eigenen Gesetz leben. Der Roman besticht nicht zuletzt durch die feinsinnige Ironie des Autors, changierend zwischen
charmantem Hintersinn und beißendem Sarkasmus. Das Spannungsfeld zwischen jüdischer Tradition und literarischer Moderne lässt dabei so manche Fallhöhe aufscheinen, eröffnet zugleich jedoch einen
hohen poetischen Reiz in der Idee des unumgänglichen Dialogs und Miteinanders. Die Nähe Kennedys zu diesem Stoff entspringt der polnischen Herkunft seiner Frau, durch die er bis heute viel und
intensiv gelebte Zeit in Polen verbringt. Seine Musik spiegelt die bunte, lebendige Welt der jüdischen Gemeinden vor der Shoah ebenso wider wie den tiefen, sublimierten Schmerz über ihren
Verlust. Doch in ihr schwelt auch die Hoffnung, dass jene pralle, farbige Lebendigkeit, die die jüdischen Gemeinden einst ausmachte, eine neue Chance in der Zukunft bekommen möge. Die aktuellen
Gefahren von Antisemitismus und Rassismus verkennt Kennedy dabei keineswegs – doch „es gibt zu viele intelligente und gute Menschen in Polen, als dass das für immer so weitergeht.“ Worte des
bekennenden Europäers, der gewachsene Freundschaft nicht durch den Kleingeist der Politik gefährdet sehen möchte, der die Rolle des Künstlers in der Gesellschaft jedoch auch nicht überschätzen
will. Umso wichtiger, persönliche Schlaglichter zu setzen.
Anything goes
Ein zweiter Mentor und Fixpunkt in der künstlerischen Entwicklung Kennedys war Stéphane Grappelli. Ein echter Gegenpol zu Menuhin – oder vielleicht die perfekte Ergänzung und sicherlich prägend
für Kennedys Lust am Dialog über Stilgrenzen hinweg. Mit Grappelli, der in den 1930er-Jahren an der Seite des Gypsy-Gitarristen Django Reinhardt populär geworden war, kam er erstmals als
13-Jähriger an der Menuhin Music School in Kontakt – und war spontan fasziniert vom warmen Klang und der Flexibilität im Spiel des legendären Geigers. Grappelli nahm Kennedy unter seine Fittiche,
und mit gerade einmal 16 Jahren lud er ihn ein, gemeinsam in der New Yorker Carnegie Hall zu spielen. „Grappelli war so eine Art Onkel für mich, eine charmante, elegante, überschwängliche,
spaßhungrige Person und vermutlich der beste Botschafter für die Violine, den wir [die Schüler der Menuhin School] jemals erlebt hatten. Als er die Bühne betrat, fing er nicht etwa an, über seine
Musik zu dozieren oder Witze zu erzählen. Er spielte einfach. Er war einer jener Musiker, die es verstehen, bei den Menschen anzudocken, und er nutzte sein Instrument als Ausdrucksmittel für die
überbordende Lebensfreude, die sein Herz erfüllte. Dafür liebten ihn die Menschen.“ Grappelli war auch Kennedys Brücke zu Gershwin. Eine typisch „amerikanische Musik“, die den kulturellen
Schmelztiegel der USA verkörpert, war ja überhaupt erst im Laufe des 20. Jahrhunderts entstanden, und das Ergebnis steht für den Optimismus eines „anything goes“ und verkörpert ein starkes Gefühl
individueller Freiheit. George Gershwin, als Sohn russisch-jüdischer Emigranten in New York geboren, war mit einem bunten Stilmix aus Klassik, Schlagern, Ragtime und Jazz großgeworden, und so
kombiniert auch seine eigene Musik kühne Harmonien, Blue Notes, Swing und synkopierte Rhythmen. Nigel Kennedy sagt: „Gershwins Musik ist eine großartige Werbung für Vielfalt. Sein einzigartiges
Zusammenführen von Jazz, den Charakteristika jüdischer Melodien und der Energie der Stadt New York machen es unmöglich, auch nur einen Hauch von Vorurteil zu empfinden. Er steht für Freundschaft
und Pathos und für jede Menge positive Energie.“
Biografie
Nigel Kennedy ist einer der schillerndsten Exzentriker der klassischen Musik und zugleich eines der begnadetsten Genies auf der Violine. Im Alter von 16 Jahren wurde er Schüler von Dorothy DeLay
an der Juilliard School of Music in New York. Wiederholt erhielt er aber auch beim Meister der Jazz-Geige, Stéphane Grappelli, Unterricht in Jazz-Improvisation. Seit seinem Konzertdebüt mit
Mendelssohns Violinkonzert 1977 in der Londoner Royal Festival Hall mit dem Philharmonia Orchestra unter Riccardo Muti ist Kennedy einer der gefragtesten Geiger unserer Zeit. Ab 1980 trat Kennedy
regelmäßig mit den Berliner Philharmonikern auf, bald darauf spielte er mit nahezu allen großen Orchestern und unter allen bedeutenden Dirigenten. 1990 erschien seine legendäre Einspielung der
„Vier Jahreszeiten“, die mit über fünf Millionen Exemplaren das erfolgreichste Klassikalbum aller Zeiten ist. Kennedys erste hoch gelobte Einspielung von Elgars Violinkonzert wurde 1985 vom
„Gramophone Magazine“ als „Record of the Year“ ausgezeichnet. Für seine zweite Vivaldi-Aufnahme mit den Berliner Philharmonikern erhielt er den ECHO Klassik in der Kategorie „Beste Einspielung
des Jahres für Musik des 18. Jahrhunderts“ sowie den österreichischen Klassik Amadeus. Kennedys Aufnahmen der Violinkonzerte von Bach, Beethoven, Berg, Brahms, Bruch, Mendelssohn, Sibelius,
Tschaikowsky und Walton erreichten Spitzenverkaufszahlen, ebenso seine Einspielungen von Kammermusik und seine Recital-CDs. Als Musiker, der immer seine Grenzen auslotet, kehrte Kennedy nach gut
25 Jahren an seine künstlerischen Wurzeln zurück und beschäftigte sich erneut mit Vivaldis „Vier Jahreszeiten“. Ergebnis dieser Arbeit war das für Sony Classical eingespielte Album „The New Four
Seasons“ von 2015. 2016 erschien bei Neue Meister / edel die CD „My World“ und 2018 bei Warner Classics die CD „Kennedy meets Gershwin“.
Veranstaltungstag: Samstag, 28.03.2020
Beginn: 19:00 Uhr (Einlass 18:30 Uhr)
Veranstaltungsort:
Carl Zeiss Kulturkantine
Carl-Zeiss-Straße 22
73447 Oberkochen
Veranstaltungsort